Offener Brief an den Bürgermeister der Gemeinde Burbach

Offener Brief an den Bürgermeister der Gemeinde Burbach und die Ratsmitglieder, die sich gegen eine Umbenennung der Friedrich-Flick-Strasse ausgesprochen haben

 

Wenn ein Burbacher CDU-Ratsmitglied behauptet, die CDU wolle sich „nicht vor einen Karren spannen lassen“, so erschreckt uns das zutiefst angesichts der mehr als 3000 Seiten hochkarätiger historischer Forschung über Friedrich Flick, die eindeutig erbracht hat, dass es sich hier um einen Mittäter des NS-Terrorregimes handelt. Welchen ominösen „Karren“ meint Thomas Helmkampf, wer hat den beladen und wohin soll er gezogen werden?

Nein, es sind nicht sinistre Absichten, die hier verfolgt werden. Es geht um Gerechtigkeit und den sehr späten Versuch, vergangene Fehlentscheidungen zu korrigieren!

Für Menschen wie Leopold Dudek, einem überlebenden Opfer von Friedrich Flick, der als Zwangsarbeiter in der Maxhütte arbeiten musste, macht es keinen Unterschied, ob eine Strasse oder eine Schule nach seinem Peiniger benannt ist. Er hat auf der Eröffnung der Ausstellung zur Zwangsarbeit in Maxhütte-Haidhof im Februar 2010 seine Betroffenheit eindeutig artikuliert.

Es ist unglaublich, wie der gewählte Verwaltungsvorsteher einer deutschen Kommune angesichts dieser eindeutigen Fakten meint, dass „man auch in Zukunft mit Namen streitbarer Personen leben“ müsse und das Thema zu hoch aufgehängt sei. Gemeint hat der Burbacher Bürgermeister sicherlich „umstritten“, denn „streitbar“ im Sinne von gradlinig-offen war „Flickens Fritz“ bestimmt nicht – er zog die Fäden zu seinen Gunsten im Verborgenen. Der Rekurs auf eine alte Ratsentscheidung und den vor 47 Jahren verliehenen Orden ist mehr als fragwürdig, denn er leugnet jegliche Weiterentwicklung und Veränderung menschlicher Bewertungsmaßstäbe.  

Lieber Herr Ewers,  wir können Ihnen und den weiteren Namensbefürwortern nur dringendst empfehlen, ihre eklatanten Wissenslücken über Flick durch die Lektüre mindestens einer der veröffentlichten Studien aufzufüllen und überlebende Opfer von Friedrich Flick zu befragen. Auch die kürzlich ausgestrahlte zweiteilige TV-Dokumentation des SWR verschafft Einsicht. Ferner empfiehlt sich ein Besuch der internationalen Ausstellung zur Zwangsarbeit in Berlin ab Ende September 2010:

http://ausstellung-zwangsarbeit.org/index.php?id=21&L=0.

Sie haben dem Ansehen der Gemeinde Burbach durch diese Entscheidung schweren Schaden zugefügt.

 

 

LESERBRIEF zum gleichen Thema (erschienen in der Siegener Zeitung vom 5.7.2010):

 

VVN-BdA Siegerland-Wittgenstein

c/o Joachim Mertens

Müdersbergstr. 8

57250 Netphen

 

„Friedrich-Flick-Straße bleibt erhalten“, Siegener Zeitung vom 30.06.2010

 

Den Gedanken von Bürgermeister Christoph Ewers konsequent zu Ende

gedacht, bedeutet dann aber auch einen Anlass für eine zukünftige

Auseinandersetzung mit besagten „streitbaren Personen“ zu schaffen.

Den Straßennamen Flick schlicht weiter unkommentiert stehen zu lassen,ist einfach zu wenig. Wir schlagen daher eine kleine Veränderung vor.

Ein Legendenschild sollte am jetzigen Schild angebracht werden. Einen Textvorschlag möchten wir auch gleich machen: Friedrich-Flick-Straße – „deutscher Großunternehmer, verurteilter NS-Kriegsverbrecher, seit 1963 Träger des Großen Bundesverdienstkreuz mit Stern und Schulterband“. Dann hat jeder einen Anlass sich weiter zu informieren, was schon durch einen Blick ins Internet einfach zu machen ist. Über die „moralische Integrität der Person“ könnte sich so jeder selbst ein Bild machen.